Rudolfshöhe (Zenkerhäusel)


Hier sollen das ehemalige Ausflugslokal auf der Rudolfshöhe (Zenkerhäusel) und der Aussichtsturm auf der Ferdinandshöhe   oberhalb von Görkau genannt und beschrieben werden.
Leider sind davon nur noch ein paar Postkarten erhalten geblieben. Der genaue Standort beider Anwesen ist nach alten Landkarten unmittelbar oberhalb der neuen Umgehungsstraße von Görkau / Jirkov und westlich der Straße nach Göttersdorf
zu suchen.
Siehe die Kartenskizzen am Ende dieses Beitrages.
Als Ersatz wurde das Restaurant
„Koliba-Rustika“ fast an gleicher Stelle,
am Rande des Görkauer Neubaugebietes errichtet.


                                              

 

 

Postkarte von Thomas Lang; Wanderführer Böhm. Erzgebirge

Am steil ansteigenden Hang des Erzgebirges nördlich von Görkau gab es mehrere sehr beliebte und viel besuchte Ausflugsziele. Zwischen dem Dörfchen Weingarten und dem Schloß Rothenhaus mit seinen weitläufigen Parkanlagen stand bis nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung das sogenannte Zenkerhäusel mit einer kleinen überdachten Aussichtsplattform. Auf der gegenüber liegenden Seite der Talstraße nach Hannersdorf befand sich auf der Ferdinandshöhe ein hölzerner Aussichtsturm, von dem es eine grandiose Aussicht über die nähere Umgebung bis hin ins böhmische Mittelgebirge gab.

Einige der älteren Görkauer Heimatleute werden sich beim Lesen dieser Zeilen bestimmt noch an die Wanderungen auf die Rudolfshöhe zum Zenkerhäusel erinnern. Dort gab es oft Musik und Tanz, eine gute Aussicht über Görkau und im Winter konnte man von dort oben mit dem Schlitten, oder sogar mit Schneeschuhen (wer solche hatte) ins Tal hinab fahren.

Wie begann es aber mit diesen Ausflugsorten? In der Görkauer Chronik von Rudolf Pensler steht dazu folgendes:
Im Jahre 1881 begann unter der Leitung des Stadtrates Ed. Täubner die Herstellung der Promenadenwege, die sich über die nördlich von Görkau aufsteigenden Höhen in einer Länge von 10 Kilometern bis ins Töltschtal hinziehen. Die Fabrikanten Ferdinand und Karl Kühne förderten dieses Unternehmen durch namhafte Spenden, deshalb die Benennungen "Ferdinandshöhe" und "Karlshöhe". Also wurden zunächst Wanderwege (Promenadenwege) angelegt, damit auch nicht so trittsichere Leute die heimatlichen Berge besteigen konnten. Federführend in dieser Sache war der Nordwestböhmische Erzgebirgsverein, der im November 1879 in Görkau gegründet wurde. In der Ausgabe der Erzgebirgszeitung von 1929 kann man sehr viel über die Geschichte der Stadt; über die "Spazierwege" in der näheren und weiteren Umgebung von Görkau bis hinauf an die sächsische Grenze und ebenso über die Einführung des Schneeschuhlaufens in unserer Heimat nachlesen. (dem Görkauer Freundeskreis liegt diese Zeitschrift in Kopie vor).

Unser Görkauer Heimatfreund, Otto Steiger, hat in seinen Aufzeichnungen, ausführlich über seine Kindheitserinnerungen im genannten Gebiet zwischen Weingarten und der Ferdinandshöhe berichtet. Er schreibt beispielsweise: "Ein prachtvoller Rundblick über Stadt und Umgebung lohnt den Spaziergänger von der Gastwirtschaft "Rudolfshöhe" (im Volksmund "Zenkerhäusel" genannt) und der "Frohen Aussicht". Das jetzt aufgelassene "Büschl" hat als Schützen- und Vereinsgaststätte eine langjährige Tradition hinter sich. Bald war der Pirkner Steinbruch unser beliebter Tummelplatz, auch der Ziegenberg (Ferdinandhöhe), der Galgenberg (Rudolfshöhe), der Weinberg und der Nierstein. Doch der Mittelpunkt dieses Treibens waren die hölzernen Aussichtstürme am Weinberg (494 m Höhe) und Ziegenberg, die uns oft zu waghalsigen Bubenstücken verleiteten." Weiter schreibt Otto Steiger:
"Hier auf der "Rudolfshöhe" ist auch die alte Feuerstelle der heimatlichen Sonnwend-Nächte. Unvergesslich das Bild, wenn in lauer Juni-Nacht im Funkeln hunderter Glühwürmchen, der Holzstoß von ernstem Lied und Wort begleitet, feierlich entzündet wurde und als Wiederschein zahlreiche Feuerbrände im weiten Lande auflohten, zum Zeichen tief verwurzelter Treue am heiligen Brauchtum der Väter."

Zum Turm auf der Ferdinandshöhe in 428 m Höhe sei noch angemerkt, dass dieser 1909 ebenfalls durch den Erzgebirgsverein errichtet wurde. Aus Sicherheitsgründen mußte er jedoch bereits 1922 gesperrt und abgetragen werden. Für die Erneuerung stellte die Stadt Görkau im Mai 1927 Holz im Wert von 4800 Kronen zur Verfügung. Der neue hölzerne Aussichtsturm war 10 Meter hoch und bekam ein Schutzdach. Von dort aus hatte der Wanderer besonders im Frühjahr den bereits erwähnten schönen Ausblick über die blühenden Obstwiesen und das fruchtbare Land bis hin zum Böhmischen Mittelgebirge. Dieser Turm stand, nach den Angaben auf einer alten Postkarte, bis in die 1950 er Jahre. Auf dem Turm der Görkauer Stadtkirche St. Ägidius befindet sich gegenwärtig eine kleine Ausstellung. Dort sieht man auch ein paar Postkarten von der Ferdinandshöhe, der Rudolfshöhe und dem Zenkerhäusel. Leider sind diese nur tschechisch beschriftet. Das Begegnungszentrum in Komotau/Chomutov hat eine Übersetzung angefertigt, die teilweise in diesem Beitrag eingearbeitet wurde.

Auf der hier beigefügten Ansichtskarte sind das Zenkerhäusel in 367 m Höhe mit dem Tanzlokal und dem achteckigen Aussichtspunkt (Gloriette oder Altan genannt) zu sehen. Rechts im Bild, auf der bewaldeten Ferdinandshöhe sieht man die Spitze des neuen, hölzernen Aussichtsturmes. Die gezeichnete Landkarte zeigt die Standorte des Lokals und es Turmes oberhalb von Görkau. Leider brannte das Zenkerhäusel im Januar 1960 völlig aus und erst 1978 entstand eine "Ersatzhütte", die später, besonders wegen des Baues der neuen Umgehungsstraße, zur heutigen Gaststätte "Koliba Rustika" umgebaut wurde. Ein Besuch der heutigen Restauration (mit Parkplatz) kann empfohlen werden.


Jürgen Schmidt, Görkauer Freundeskreis; im Oktober 2019



Postkarte mit altdeutscher Schrift

Rudolfshoehe-Karte

Lageplan: Zenkerhäusl, Rudolfshöhe, Turm auf der Ferdinandshöhe

 

Goerkau_Weing._Rudolf

Lageplan von  Görkau  und  Umgebung, ca. 1930

 

Ausschnitt aus Landkarte: Sayda-Schwartenberg

                                                                                                                                                                                                                                  1:75ooo ca. 1930; bearb. J. Schmidt 2013