Im Jahre 1850 wurde Ojes mit Kaitz zusammengelegt, ab 1869 war Ojes eine Ortschaft von Görkau.
Nach 1938 wurde Ojes mit Kaitz eine eigenständige Gemeinde im Landkreis Komotau; Bürgermeister war Karl Loos, zuletzt Anton Marka. Nach der Vertreibung der Deutschen Bevölkerung 1945/46 wurden in Ojes und Kaitz Tschechen aus dem Inland angesiedelt. Diese übernahmen die Häuser und Anwesen mit dem gesamten Inventar. Beide Orte kamen 1960 zu Wurzmes. Nach dem Abriß und der Überflutung in den 1970er Jahren ist Ojes / Ujezd 1980 aus dem Ortsregister amtlich gelöscht worden. Der Ort wird nur noch als "Vodní nádrž Újezd" (Stausee Ojes) erwähnt.
Im Zweiten Weltkrieg gab es in Ojes bei Luftangriffen keine Schäden und Todesopfer. Lediglich einige Bomben, die das Hydrierwerk Maltheuern treffen sollten, fielen auf die Felder nordöstlich des Dorfes. Im Krieg selbst (man sagte: an der Front) sind jedoch mindestens 6 Söhne von Ojes gefallen. (siehe Liste der Gefallenen unter "Kaitz") Nach der "Befreiung" durch die Sowjetarmee und bei der Machtübernahme durch die tschechischen Behörden wurden mehrere Männer verhaftet. Beispielsweise Heinrich Schmidt, der während des Krieges als Lokführer im Schacht Seestadtl-Obergeorgen-thal tätig war, ist in den ersten Tagen des Juni 1945 in das Lager der Glashütte Komotau verbracht worden. Dort hat man ihn am 7. oder 8. Juni zusammen mit zahlreichen anderen Deutschen erschossen - kein Urteil - kein Grab - unklar warum und geheim gehalten bis heute - Siegerjustiz!
Kurz darauf begann die Vertreibung der gesamten Bevölkerung von Ojes. Es handelte sich ausschließlich um Deutsche; Tschechen gab es in diesem Ort bis 1945 keine. Die erste große Vertreibungsaktion fand am 30. August 1945 statt. Früh 6:00 Uhr erging der schriftliche Befehl. Mit maximal 25 kg Handgepäck pro Person, aber ohne jegliche Wertsachen, mußte innerhalb einer Stunde das Haus verlassen werden. Damals betraf es jedes zweite Anwesen im Dorf. Angetrieben durch bewaffnete tschechische Milizen mußte sich eine Kolonne von etwa 100 Ojeser und Kaitzer Einwohner - es waren nur Frauen, Kinder und alte Leute - zum Sammelplatz in Görkau bewegen. Nach speziellen Kontrollen der persönlichen Dinge ging es weiter zum Bahnhof. Dieser Transport erfolgte in offenen Güterwagen bis zur sächsischen Grenze nach Reitzenhain. Von dort mußte man sich selbst weiter helfen. Einige Familien kamen nach Sachsen-Anhalt. Die restliche Bevölkerung von Ojes wurde 1946 vertrieben. Davon sind mehrere Familien nach Westdeutschland gekommen. In fast allen Familienverbänden gab es große und weiträumige Trennungen, die bis heute schmerzlich nachwirken.
Soweit zur Geschichte.
Die Zeitzeugen möchten die Befehlshaber und die Ausführenden der Vertreibung fragen:
War es wirklich nötig, die gesamte deutsche Bevölkerung 1945/46 aus der seit Jahrhunderten angestammten Heimat zu vertreiben? War es nötig, die Städte und Dörfer mit der sie umgebenden Kulturlandschaft, die durch deutsche Siedler aufgebaut worden waren, verfallen und veröden zu lassen oder sie dem Erdboden gleich zu machen?
Heute, nach mehr als 60 Jahren, versucht eine kleine Gruppe jüngerer Leute in der Tschechischen Republik die mehr als 700jährige Geschichte und Kultur der ehemaligen deutschen Bevölkerung in Böhmen aufzuarbeiten. Es ist erfreulich zu sehen und zu lesen, wie diese sich ehrlich bemühen, diese Kulturgeschichte mit ihren Menschen, aber und auch die gewalttätigen Ereignisse von 1945 bis 1947 darzustellen, um sie der eigenen Bevölkerung näher zu bringen. Beispielsweise nachzulesen in zweisprachigen, bebilderten Büchern wie "Das verschwundene Sudetenland", "Gesichter des Erzgebirges" oder "Das wiederentdeckte Erzgebirge" der Autorengruppe "Antikomplex".
Diese kurze Beschreibung von Ojes und die angefügten Fotos mögen dazu beitragen, daß das kleine Dorf und die Menschen, die dort geborenen wurden und dort gelebt haben, nicht vergessen werden.
Eine Liste der Kriegstoten beider Weltkriege ist auf der Seite von Kaitz zu finden.
Weitere Hinweise zu Ojes und eine Beschreibung in etwas anderer Form, auch mit Fotos vom Abriss, findet man auf der Internetseite des Kreises Komotau:
www.komotau.de.
Übrigens: Es gibt in Europa noch
einen Ort mit dem Namen Ojes (Oies). Auch dieser gehörte einst zu Österreich
Ungarn. Der Weiler liegt in Südtirol im
Gadertal und gehört zur Gemeinde Abtei. Eine Urlaubsreise dorthin ist
beschrieben in der Komotauer Zeitung Dez. 2018.
(erstellt im Februar 2009 und Dezember 2011,
ergänzet Dez.2018)
Jürgen Schmidt, aus Ojes Nr. 1
(Ortsbetreuer von Kaitz-Ojes seit April 2015)
Ferdinand-Freiligrath-Str.
20, 01454 Radeberg
e-mail: schmidt.j-goerkau@t-online.de
Für Hinweise und Korrekturen ist der Verfasser dankbar.
Quellen: Ortsgeschichte Kreis Komotau von Walter Kult
Aufzeichnungen von Ortsbetreuerin Anna Müller, geb. Münchenbach,
Gertrud Woest, geb. Harzer und von anderen Zeitzeugen
Pavel Beran,
www.zanikleobce.cz
Gerhard Stübiger, Begegnungszentrum Komotau / Chomutov
Helmut Mürling,
www.komotau.de
Fotos: Jürgen Schmidt, Anna Müller, Gertrud Woest, Komotauer Zeitung und Heimatarchiv Erlangen